Über die schwäbisch-alemannische Fasnacht. Außerdem 10 wissenswerte Fakten

11. Februar 2016

Zuletzt aktualisiert am 08.01.2017

„Viel Spaß beim Fasching“ wünscht mir mein Vater vor einer Woche. Ich muss mir gleich doppelt auf die Zunge beißen: Hier am Bodensee gilt der Begriff Fasching fast als Beleidigung, denn es ist die schwäbisch-alemannische Fasnacht. Und Spaß hat man als Journalist zwischen dem Schmotzigen Dunschtig (also dem Donnerstag vor Aschermittwoch) und Aschermittwoch nur bedingt. Mitschunkeln zu guter Guggenmusik: Ja gerne, auch der Anblick verkleideter Kinder und das Erleben gelebter Bräuche hat etwas für sich. Doch der Rest bedeutet Stress, denn selten ballen sich so viele Termine im Kalender. Jede Ort wartet mit seiner eigenen Fasnacht auf, mit seinem eigenen Narrenverein und seinen eigenen Figuren. Und für mich ist das jedes Mal eine Gratwanderung.

Was mein Vater vielleicht schon andeutet: Gebürtig komme ich aus der Gegend um Stuttgart, wo die schwäbisch-alemannische Fasnacht ein Fremdwort ist und Fasching bedeutet, sich einmal im Jahr die Prinzessinnenkrone aufzusetzen. Das konnte ich relativ gut – am Samstag war damals traditionell Handballerfasching und ich warf mir mehr oder weniger motiviert ein Kostüm über. Hier am Bodensee allerdings ist die schäbisch-alemannische Fasnacht mit unzähligen Traditionen verbunden und jeder Ort pflegt sein Brauchtum. Einfach ein Kostüm überwerfen ist also nicht.

Das hat definitiv auch etwas sehr, sehr schönes, wie folgende Bilder zeigen.

Die schwäbisch-alemannische Fasnacht

Bilder zur schwäbisch-alemannischen Fasnacht

Fakten zur schwäbisch-alemannische Fasnacht

Die Bilder habe ich in der vergangenen Woche aufgenommen, allesamt beruflich. Aktuell arbeite ich in Stockach, wo das Hohe Grobgünstige Narrengericht zu Stocken zuhause ist. Das kann auf eine mehr als 600-jährige Geschichte zurückblicken und wird im Fernsehen übertragen, dennoch sind die Narren dort relativ zugänglich. Das bedeutet: Als Ortsfremde muss ich mich nicht fürchten, nach Hintergründen der Veranstaltungen oder Gliederungen zu fragen (in Stockach heißt das nicht Narrenverein, Lektion 1).

Erfahrungen aus ersten Jahren mit der schwäbisch-alemannischen Fasnacht:

Lektion 1: Die Kostüme heißen Häs, im Plural Häser. Jede Gruppierung (ob nun Narrenverein, Zunft oder Gliederung) hat ihre eigene Kleiderordnung, meist seit Jahrzehnten überliefert. Manche haben Masken, die auch Schemen genannt werden und in aufwendiger Handarbeit entstehen. Die Häser sind insgesamt eine Investition und kosten meist um die 1000 Euro.

Lektion 2: Nichts ist so ernst wie die Fasnacht. Die meisten Narren nehmen ihre fünfte Jahreszeit ziemlich ernst und verstehen wenig Spaß. Also vorher gut informieren, bevor man jemanden anspricht. Oder offen damit umgehen, dass man nicht mit der schwäbisch-alemannischen Fasnacht aufgewachsen ist und sich noch an die Bräuche gewöhnt – ich setze auf beides.

Lektion 3: Die schwäbisch-alemannische Fasnacht beginnt nicht am 11.11. wie in den Karnevals-Hochburgen Köln oder Mainz, sondern am 6. Januar zum Dreikönigstag. Dann halten viele Narrenvereine ihre Sitzungen und die Umzüge an den Wochenenden beginnen.

Lektion 4: Manche Narren sind besonderer als andere. Das gilt zum Beispiel für Überlingen, meinen Wohnort. Die Überlinger Narren gehören zum sogenannten Viererbund und sind überwiegend innerhalb der eigenen Stadtmauern zu finden. Auf Umzügen sind sie nur alle vier Jahre in einem der vier teilnehmenden Orte.

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Lektion 5: Narren sind absolut kein bisschen wetterempfindlich. Diese Übertreibung ist Absicht, denn das ist für mich eine der faszinierendsten Eigenschaften. Stundenlang bei eisigen Temperaturen durch eine Stadt ziehen oder bei strömendem Regen einen Umzug feiern? Für Narren kein Problem.

Die schwäbisch-alemannischen Fasnacht bei Regen

Lektion 6: Die Fasnacht ist nicht besonders frauenfreundlich. Viele Narrenvereine waren traditionell nur Männern zugänglich, bei manchen gilt das noch heute. Einige haben sich inzwischen geöffnet, das zeigt sich meist mit Frauengruppen. In Überlingen ist bei den traditionellen Narren, den Hänsele, bis heute keine Frau erlaubt und es herrscht der Mythos, dass eine Frau im Häs zur Strafe in den Narrenbrunnen geschmissen wird.

Lektion 7: Viele Termine und Begriffe sind ähnlich. Dreikönig ist überall der Startpunkt der Fasnacht, ab dem Schmotzigen Dunschtig beginnt die heiße Phase. Häufig, aber je nach Ort an verschiedenen Tagen, gibt es den Hemdglonker – dabei ziehen Menschen im weißen Nachthemd durch die Stadt.

Lektion 8: Allein der Begriff hat seine Tücken. Mancherorts heißt es Fasnacht, andernorts Fasnet. Auch ob Fasnacht oder Fastnacht, also ob ein oder zwei „t“, ist strittig.

Lektion 9: Der Termin für die schwäbisch-alemannische Fasnacht ändert sich von Jahr zu Jahr, wie bei Fasching und Karneval auch. Das hängt mit dem Mond zusammen: Der Aschermittwoch läutet die Fastenzeit ein, ab dann vergehen 40 Tage bis Ostern. Und der Termin für Ostern folgt einer festen Regel: Ostersonntag ist am ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling.

Lektion 10: Es gibt so viele Lektionen, dass ich wohl noch einige mehr aufzählen könnte. Wichtig ist, bei all dem nicht den Spaß aus den Augen zu verlieren. Und PS: Kinder sind die absolut niedlichsten Narren, oder?

Fakten zur schwäbisch-alemannischen Fasnacht

Wie heißt die närrische Zeit bei euch und wie findet ihr sie?

Über mich

Hallo, ich bin Isabelle, 33 Jahre alt und lebe in Konstanz am schönen Bodensee. Auf meinem Blog ÜberSee-Mädchen.de zeige ich vor allem einfache Rezepte für leckeres Essen. Meine Kochkarriere begann mit der Sehnsucht nach Heimatküche wie Grießklöschensuppe oder schwäbischen Wurstspätzle. Seitdem habe ich viele Stunden in der Küche verbracht und allerlei Köstlichkeiten ausprobiert. Sieh dich ein wenig um und lass es dir schmecken.

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